Mühldorf (cw). „Bairische Wortkunde“ hieß eine Veranstaltung des Vereins Bairische Sprache und Mundarten Chiemgau-Inn (BS) und der Kreisheimatpflege des Landkreises Mühldorf im „Turmbräugarten“ in Mühldorf. Der BS-Vorsitzende Rudi Mörtl freute sich, dass neben den Besuchern auch die 2. Bürgermeisterin der Stadt Mühldorf, Ilse Preisinger, Herr Albert von der Kreisheimatpflege und mehrere Stadträte anwesend waren. Rudi Mörtl nannte als Hauptgrund für den Rückgang des „Bairischen“, „dass Bairisch jahrzehntelang als minderwertig und rückständig hingestellt worden ist. Das haben viele noch nicht überwunden und es fehlt am sprachlichen Selbstbewußtsein“.

Gerald Huber, Verfasser der „Bairischen Wortkunde“, gab Auskunft über die Besonderheiten unserer Sprache. Das Land südlich der Donau, vielmehr die damalige Provinz Rätien, so Gerald Huber, gehörte jahrhundertelang zu Italien. Bis zum Mittelalter lebte dort ein buntes Völkergemisch, das lateinisch-römisch geprägt war. Das in Teilen der Schweiz, Österreichs und Südtirols gesprochene Rätoromanisch sei ein Relikt der ehemals in ganz Rätien gesprochenen Sprache. Unsere Sprache habe daher andere Wurzeln als das Norddeutsche, das nie mit der lateinischen Kultur in Berührung gekommen ist. Deshalb heiße es bei uns auch „der Butter“ und nicht „die Butter“, „die Semmel“ und nicht „das Brötchen“, deshalb haben wir auch das „Brotscherzl“, den „Fasching“, das „Brackl Mannsbild“, den „Rahm“, die „Molln“ und vielerlei Beispiele mehr, die man im Norddeuschen nicht kennt.

 

 

Die Sprache ist mehr als Kommunikation – sie ist unser kulturelles Kraftzentrum, weil sie aufs engste mit unserem Bewußtsein verknüpft ist. „Wer die Sprache abwertet, wertet den Menschen ab“, drückt das Gerald Huber aus. Das habe auch der weise Goethe zu spüren bekommen, der in Leipzig und Weimar noch immer sein Frankfurterisch gesprochen und sich „jedesmal einen strengen Verweis“ von den dortigen Gebildeten zugezogen hat, die an die „allein seligmachende Sprache Luthers“ glaubten. Goethe war schließlich völlig verunsichert: „Ich fühlte mich in meinem Innersten paralysiert und wußte kaum mehr, wie ich mich über die gemeinsten (gewöhnlichsten) Dinge zu äußern hatte.“

Wenn wir unsere Sprache selbst abwerten, entwurzeln wir uns. Wir Bayern tragen, genau wie Rheinländer, Hessen oder Sachsen Verantwortung für eine gute deutsche Sprache im Geist Goethes. Wir pflegen diese Sprache am besten, indem wir unser Bairisch pflegen und davon ein sauberes Schriftdeutsch ableiten, das seine

bairische Herkunft nicht verleugnet. Nur so ist gewährleistet, dass die Sprache – die geschriebene wie die gesprochene – ihre Wurzeln nicht verliert.

Gerald Huber hat Geschichte und Sprachwissenschaften in Regensburg und München studiert. Der Rundfunkjournalist  des Bayerischen Rundfunks ist Autor zahlreicher Sendungen und Bücher zu kulturellen und historischen Themen. Einem breiten Radio-Publikum wurde er mit seiner Sendereihe „Kleine Bairische Wortkunde“ bekannt. Seit 2007 ist der Redakteur der Sendereihe „Zeit für Bayern“ im Bayerischen Rundfunk.

Die „Knopf-Soatn-Musi“ aus Obertaufkirchen mit Diatonischer Ziach und Kontrabass gab der Veranstaltung den richtigen musikalischen Schwung.