Hemhof (cw). Die Wirtsstube vom „Brandlwirt“, dem ältesten Wirtshaus von Deutschland, war gerade der richtige Rahmen für die Veranstaltung des Vereins Bairische Sprache und Mundarten Chiemgau-Inn e.V.

                                                                                                 Gustl Lex
                                                                                            
In einem literarischen Spaziergang führte Gustl Lex mit seinen selbstgeschriebenen Gschichtln und Verserln die Zuhörer durch die Jahreszeiten, die Feste und das Brauchtum des Jahres. Gustl Lex, von Beruf Feinmechaniker-Meister, ist Geschichtenschreiber aus Leidenschaft und er hat bereits ein paar Bücher heraus gebracht. Seine Heimat ist Grabenstätt, also am Ostufer des Chiemsees, der ihm immer schon sehr viel bedeutet hat und diesem hat er auch ein Gedicht gewidmet.

Früher hat der Mensch den Tag nach dem Sonnenauf- und -untergang eingeteilt und das Jahr nach den Jahreszeiten, erklärt der Dichter eine uralt hergebrachte Denkweise; und seine Arbeit hat der Bauer nach den Festen der Heiligen ausgerichtet. Die Bedeutung des Kirchenjahres kann man schon daraus ersehen

, dass auf Verträgen kein Datum gestanden ist, sondern etwa „… am Irda nach Martini“, also dem Dienstag nach dem 11. November und das hat gereicht.

Gustl Lex hat seine Zuhörer durchs Kirchenjahr mitgenommen und zu jedem Kirchenfest oder Bauernfeiertag eins seiner Gschichtln oder Verserl vorgelesen. Der wichtigste Feiertag am Jahresanfang war der Lichtmesstag am 2. Februar. Da haben die Dienstboten gewechselt und es war Zahltag fürs ganze Jahr. A

uf Kunigund am 3. März hat die Bauernarbeit auf den Wiesen und Feldern angefangen, nach Johanni, dessen Feiertag am 24. Juni im Kalender steht, ist zum ersten Mal gemäht worden.

Um Ostern war die Beichte ein Thema. „Hast heit gar nix vom 6. Gebot zum Beichtn?“ fragt der Kapuziner-Pater einen Burschen. „Na ganz gwiß net, Herr Pater, aber fürn Kirta ham mas uns fest vorgnumma, i und mei Bruada“. Und so gings weiter mit dem Georgi-Ritt, die Leidenschaften im Mai, Pfingsten, der Flurumgang, bis Micheli am 29. September. Aus diesem Anlass wird beispielsweise in Grassau der Michelimarkt abgehalten und an Kathrein, 25. November, ist das Bauernjahr zu Ende.

Aber auch auf den normalen Alltag ist Gustl Lex eingegangen. Ein Merkmal unserer Zeit ist, dass  wir keine Zeit haben. Mit diesem Thema befasste sich das Gedicht „Im Meer der Zeit“ mit dem Beginn „Wenn d‘ Uhr mit ihre Zoager de Zeit zammafrisst“. Ein anderes Thema war das Wetter in Verbindung mit dem Körpergewicht: Der Februar ist warm, an Ostern schneit es, Ende April wird’s heiß und im Mai ist es wieder saukalt. Gibt es ein sicheres Zeichen, dass der Winter tatsächlich vorbei ist? „Wann ma beim Oziagn jedsmoi gspannt, dass oiwei kleaner werd,  s’Gwand - i garantier eich, dass des stimmt - da Winter is aus und s Fruahjohr kimmt!“

Schließlich geht mit dem Advent das Jahr zu Ende. Advent ist die Vorbereitung auf Weihnachten. Heute allerdings beginnt dieses Fest schon im November, beklagte Gustl Lex. Christbäume in den Straßen und Geschäften werden beleuchtet, Christkindlmärkte werden abgehalten und Weihnachtsmusik tönt aus den Lautsprechern – ein christliches Fest wird dem Kommerz geopfert.

Das Duo Gabi Hierl-Dicker/Norbert Hierl hat mit Ziach, Gitarre und Okarina die Veranstaltung musikalisch gestaltet und zu den ernsten, heiteren und besinnlichen Geschichten die passende Musik gespielt.